Freitag, 30. August 2013

Michael Oehme: Erfolgt die Verringerung der Staatsverschuldung indem immer mehr Bürger geschröpft werden?



„Die Konjunktur läuft wieder rund, die Beschäftigung hat ein Rekordhoch erreicht und beide Entwicklungen sorgen dafür, dass die Finanzlage des Staates so gut ist, wie seit 13 Jahren nicht mehr“, schreiben die Medien. Und tatsächlich haben in der  ersten Jahreshälfte die Finanzminister und Kämmerer den größten Überschuss seit der Jahrtausendwende erzielt. So nahmen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung bis zum 30. Juni 8,5 Milliarden Euro mehr ein, was einem Überschuss von 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht. Sind wir damit über dem Berg und haben unsere Schulden im Griff? Mitnichten! So warnen Ökonomen davor, sich auf diesem Erfolg auszuruhen. Die Staatsfinanzen würden gerade von einer ganzen Reihe günstiger wirtschaftlicher Faktoren profitieren, die aber nicht anhalten kann. „Der Überschuss ist zum Teil dadurch zustande gekommen, dass die Ausgaben für den Schuldendienst merklich zurückgegangen sind", sagt der Deutschland-Experte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Wörgötter. Eine Entwicklung, die sich so nicht fortschreiben lässt.
Was heißt das eigentlich? Die Europäische Zentralbank pumpt seit Jahren günstiges Geld in den Markt und versucht damit, die Wirtschaft anzukurbeln. Derzeit liegen die Zinsen auf einem historisch niedrigen Niveau von 0,5 Prozent, das Banken zahlen müssen, um sich zu refinanzieren. Dies hilft zumindest den Banken. Bei den Verbrauchern sieht dies ganz anders aus. Denn nach Berechnungen der Weltbank, der Dekabank und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) verlieren deutsche Sparer Jahr für Jahr Geld. Zwar hätten die Bürger hierzulande derzeit den Spitzenwert von 4,94 Billionen Euro beiseite gelegt und damit fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Doch rund 40 Prozent dieses Geldvermögens sei in Sicht-, Termin- und Spareinlagen angelegt bzw. Bargeld, bei denen Sparer jährlich 14,3 Milliarden Euro verlieren würden. Dem deutschen Staat kann die sukzessive Enteignung seiner Bürger zumindest aus finanzpolitischer Sicht nur recht sein. Wie das Institut der deutschen Wirtschaft ermittelte, sparte er dadurch alleine zwischen 2009 und 2012 rund 62 Milliarden Euro, da er sich deutlich günstiger refinanzieren konnte als erwartet. Die geringeren Ausgaben für den Schuldendienst könnte man auch damit übersetzen: ich konnte mir das Geld auf Kosten meiner Bürger billiger borgen. Ein Erfolg ist dies in Anbetracht der geschilderten Situation sicher nicht.

Die Mehrheit der Bürger in Deutschland geht davon aus, dass wir noch länger unter der Eurokrise zu leiden haben. Dies ergab eine repräsentative Befragung der Universität Hohenheim und der ING-DiBa Bank. Danach glaubt nur jeder Zehnte, dass die Politiker die Bevölkerung ehrlich informieren. Viele Bürger würden sich intensiv mit den Sorgen vor Altersarmut und negativen wirtschaftlichen Entwicklungen beschäftigen. 80 Prozent der Befragten gehen dabei davon aus, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander driftet. Dass die Krise ihren Höhepunkt dabei bereits überschritten habe, denkt nicht einmal ein Viertel der Befragten. Das ist ganz offensichtlich die Wahrheit. Auch wenn dies Politiker im Wahlkampf offensichtlich nicht wahrhaben wollen.


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