„Die
Konjunktur läuft wieder rund, die Beschäftigung hat ein Rekordhoch erreicht und
beide Entwicklungen sorgen dafür, dass die Finanzlage des Staates so gut ist,
wie seit 13 Jahren nicht mehr“, schreiben die Medien. Und tatsächlich haben in
der ersten Jahreshälfte die
Finanzminister und Kämmerer den größten Überschuss seit der Jahrtausendwende
erzielt. So nahmen Bund, Länder,
Gemeinden und Sozialversicherung bis zum 30. Juni 8,5 Milliarden Euro mehr ein, was einem Überschuss von 0,6 Prozent der
Wirtschaftsleistung entspricht. Sind wir damit über dem Berg und haben unsere
Schulden im Griff? Mitnichten! So warnen Ökonomen davor, sich auf diesem Erfolg
auszuruhen. Die Staatsfinanzen würden gerade von einer ganzen Reihe günstiger
wirtschaftlicher Faktoren profitieren, die aber nicht anhalten kann. „Der
Überschuss ist zum Teil dadurch zustande gekommen, dass die Ausgaben für den
Schuldendienst merklich zurückgegangen sind", sagt der Deutschland-Experte
der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD),
Andreas Wörgötter. Eine Entwicklung, die sich so nicht fortschreiben lässt.
Was heißt das eigentlich? Die Europäische Zentralbank pumpt seit Jahren günstiges Geld in den Markt
und versucht damit, die Wirtschaft anzukurbeln. Derzeit liegen die Zinsen auf
einem historisch niedrigen Niveau von 0,5 Prozent, das Banken zahlen müssen, um
sich zu refinanzieren. Dies hilft zumindest den Banken. Bei den Verbrauchern
sieht dies ganz anders aus. Denn nach Berechnungen der Weltbank, der
Dekabank und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) verlieren deutsche
Sparer Jahr für Jahr Geld. Zwar hätten die Bürger hierzulande derzeit den
Spitzenwert von 4,94 Billionen Euro beiseite gelegt und damit fünf Prozent mehr
als im Vorjahr. Doch rund 40 Prozent dieses Geldvermögens sei in Sicht-,
Termin- und Spareinlagen angelegt bzw. Bargeld, bei denen Sparer jährlich 14,3
Milliarden Euro verlieren würden. Dem deutschen Staat kann die sukzessive
Enteignung seiner Bürger zumindest aus finanzpolitischer Sicht nur recht sein.
Wie das Institut der deutschen Wirtschaft ermittelte, sparte er dadurch alleine
zwischen 2009 und 2012 rund 62 Milliarden Euro, da er sich deutlich günstiger
refinanzieren konnte als erwartet. Die geringeren Ausgaben für den
Schuldendienst könnte man auch damit übersetzen: ich konnte mir das Geld auf
Kosten meiner Bürger billiger borgen. Ein Erfolg ist dies in Anbetracht der
geschilderten Situation sicher nicht.
Die Mehrheit der Bürger in Deutschland geht
davon aus, dass wir noch länger unter der Eurokrise zu leiden haben. Dies ergab
eine repräsentative Befragung der Universität Hohenheim und der ING-DiBa Bank.
Danach glaubt nur jeder Zehnte, dass die Politiker die Bevölkerung ehrlich
informieren. Viele Bürger würden sich intensiv mit den Sorgen vor Altersarmut
und negativen wirtschaftlichen Entwicklungen beschäftigen. 80 Prozent der
Befragten gehen dabei davon aus, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer
weiter auseinander driftet. Dass die Krise ihren Höhepunkt dabei bereits
überschritten habe, denkt nicht einmal ein Viertel der Befragten. Das ist ganz
offensichtlich die Wahrheit. Auch wenn dies Politiker im Wahlkampf
offensichtlich nicht wahrhaben wollen.
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