Wenn Göttinger Gruppe & Co. zu Steuernachzahlungen führt
„Madoff,
Kiener, Harksen - die wirklich großen Anlagebetrüger erfreuen sich fast der
gleichen Bekanntheit wie prominente Fußballspieler oder Schauspieler“, meint Michael
Oehme, Consultant bei der CapitalPR AG aus Sankt Gallen/Schweiz. Dabei waren es
nahezu immer die gleichen Modelle, mit denen die Kunden abgezockt wurden: „Am
Anfang werden den Kunden hohe Ausschüttungen versprochen und sogar eingehalten.
Viele springen darauf an und getreu dem Motto ‚Gier frisst Hirn’ wird teilweise
der letzte Euro investiert, der auf dem Konto ist,“ so Oehme.
Die
ausgezahlten „Renditen“ werden nicht selten aus Neueinzahlungen neu gewonnener
Anleger bedient. Das können auch schon mal die Anleger sein, die im Vertrauen
auf entsprechend hohe Ausschüttungen nachzeichnen. Schneeballsystem nennt man
diese Vorgehensweise. Selbst bei Wikipedia hat es Einzug gehalten (Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Schneeballsystem).
Das zeigt die Relevanz. Unter einem Schneeballsystem - zumindest im
Kapitalanlagebereich - versteht man,
wenn die Auszahlungen oder Gutschriften (bei Wiederanlegern) nicht aus dem
Erfolg der Anlage stammen, sondern eben aus den Einzahlungen nachfolgender
Anleger.
Die
seinerzeitige Göttinger Gruppe, nebst den Gesellschaften Securenta/Langenbahn
usw. musste sich vor Gericht ebenfalls den Vorwurf gefallen lassen, sie
betreiben ein Schneeballsystem. Und Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg
erinnert das Geschäftsmodell von Prokon ebenfalls an ein Schneeballsystem –
Beweise hierüber liegen allerdings noch nicht vor.
„Hart trifft
es nun die Anleger in solchen Modellen, nachdem die Einschätzung des
Finanzgerichtes im Saarland zunächst Hoffnung gemacht hatte. Denn viele haben
ohnehin ihre Einlage verloren und müssen nun fiktive Gewinne auch noch
versteuern“, erklärt der Kommunikationsberater und Finanzmarktspezialist
Michael Oehme. Dies betrifft diejenigen, die sich die Renditen nicht haben
auszahlen lassen, sondern gutschreiben ließen bzw. wiederangelegt haben.
Immerhin der
BGH hat nämlich entgegen den Saarländern festgestellt, dass derartige
Gutschriften aus Schneeballsystemen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen –
und die sind nun mal zu versteuern. Da hilft auch nichts, dass es sich
beispielsweise bei den Kunden der Göttinger Gruppe oft um Kleinanleger
handelte, die monatlich ihren Obolus leisteten und nun ins Leere schauen. Als
einzige Ausnahme lässt der BGH zu, dass nur derartige Beträge nicht zu
versteuern sind, deren Ausschüttung der Anbieter zurückgewiesen hat oder andere
Zahlungsmodalitäten vereinbart hat, also meist nicht leistungsfähig war.
Für den
Finanzmarktprofi und studierten Steuerrechtler Oehme ist die Konsequenz zwar
nachvollziehbar, der BGH müsse sich dennoch fragen, ob er sozialverträglich
handle. Denn viele Marktteilnehmer fragen sich natürlich, ob es zu derartigen
Ausfällen wie bei Prokon oder der Göttinger Gruppe gekommen wäre, wenn die
zuständigen öffentlichen Überwachungsämter schneller reagiert hätten. Zumal in
der Regel Kleinsparer betroffen wären, denen die zusätzliche Belastung nun
besonders wehtäte.
Ich verstehe dieses Urteil nicht. Kann mir das mal jemand erläutern …
AntwortenLöschenHenry
Es ist zugestanden auch nicht leicht zu verstehen. Hier wird festgehalten, dass Erträge aus Kapitalanlagen als Einnahmen zu versteuern sind, wenn sie wiederangelegt wurden und nicht ausgeschüttet. Dies gilt auch dann, wenn die gesamte Einlage verloren ging. Das soll vermutlich Steuergleichheit schaffen, denn diejenigen, die Ausschüttungen erhielten, mussten diese ja auch versteuern.
AntwortenLöschen